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Geschichte des Theaters der Hansestadt Wismar

Das Theater in Wismar ist mehr als nur ein Gebäude - es ist ein Spiegel der Stadtgeschichte, ein Ort der Begegnung und ein lebendiges Zeugnis für die Kraft der Kunst. Es erzählt von Zerstörung und Wiederaufbau, von Leidenschaft und Hingabe, und von der unerschütterlichen Liebe zum Theater, die Wismar seit Jahrhunderten prägt.

Die frühen Jahre

Das Theater in Wismar – eine Bühne mit Geschichte. Bereits 1842 erbaut, nahe dem zentralen Marktplatz, zeugt das erste Gebäude von der reichen Theatertradition der Stadt. Der schlichte Bau mit Satteldach, entworfen vom Wismarer Architekten Heinrich Thormann, wurde unter Mitwirkung des Schweriner Hofbaumeisters Georg Adolph Demmler errichtet und diente zunächst als Spielstätte für das Großherzogliche Hoftheater Schwerin. Ab 1859 wurde die Bühne an Theaterdirektoren mit eigenem Ensemble verpachtet, was den Beginn einer neuen Ära markierte.

  1. © Theater der Hansestadt Wismar
    Theater an der Mecklenburger Straße, Eröffnung 02.10.1842

    © Theater der Hansestadt Wismar

1910 bis 1950

Zwischen 1912 und 1914 erstrahlte das Theater in neuem Glanz: Der Zuschauerraum wurde frisch gestrichen, bequeme Sitze installiert und sogar eine zu dieser Zeit sehr moderne Wasserspülklosett-Anlage eingebaut. Heizung und elektrische Beleuchtung sorgten für zusätzlichen Komfort. Die feierliche Eröffnung der Saison 1913/14, untermalt von Carl Maria von Webers Jubel-Ouvertüre, markierte den Beginn einer erfolgreichen Ära unter der Leitung von Fritz Bartsch und Heinrich Alberts, die das Publikum mit einem vielfältigen Programm begeisterten.

Die plattdeutsche Sprache hat in Wismar eine starke Tradition, die sich 1925 in der Gründung einer Niederdeutschen Bühne manifestierte. Unter der Leitung von Lisa Kuß, die 1967 die Bühnenleitung übernahm, trotzte das Theater sogar Zeiten der Zensur, in denen westdeutsche Stücke verboten waren. 1990 wurde der Verein "Niederdeutsche Bühne Wismar e.V." gegründet, welcher eng mit dem Theater verbunden ist.

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte das Theater eine wahre Renaissance. Unter Intendant Peter-Christian Will und seinem Ensemble lockten 147 Aufführungen in der Spielzeit 1945/46 unglaubliche 124.254 Besucher an. Doch das Schicksal schlug 1948 zu: Ein verheerender Brand zerstörte das Gebäude nach 106 Jahren vollständig.

Doch der Spielbetrieb ging weiter – zunächst im „Volkshaus“ und „Schützenhaus“, während Spenden gesammelt und Pläne für einen Neubau geschmiedet wurden. Bereits einen Monat später begann der Wiederaufbau, und am 27. März 1949 konnte das neue Theatergebäude, welches eine ehemalige Exerzierhalle war, in der heutigen Philipp-Müller-Straße mit Schillers „Maria Stuart“ feierlich eröffnet werden. Die 50er und 60er Jahre waren geprägt von einem vielfältigen Programm, das von Schauspiel über Oper und Operette bis hin zu Ballett und Konzerten reichte.

Die Gründung einer Handpuppenbühne unter Leo Martens im Jahr 1949 bereicherte die kulturelle Szene Wismars. Diese Tradition, die bis zur Etablierung des staatlichen Puppentheaters 1978 fortbestand, lockte Künstler in die Stadt und förderte die lokale Kunstszene. Mit dem Märchen "König Drosselbart" begann eine neue Ära für das Puppentheater.

  1. © Theater der Hansestadt Wismar
    Theater an der Philipp-Müller-Straße - Eröffnung 27.03.1949

    © Theater der Hansestadt Wismar

1960 bis 1990

1963 schloss die Stadt Wismar einen Vertrag mit dem Staatstheater Schwerin, um das Theater Wismar als dessen Zweigstelle zu führen. Organisatorische Schwierigkeiten führten jedoch zu einem Besucherrückgang, der durch kreative Maßnahmen wie einen Malwettbewerb langsam wieder ausgeglichen wurde.

1967 wurde das Theater unter Heiner Franks Leitung umfassend renoviert. Foyer, Kasse, Garderobe und Rundgang erstrahlten in neuem Glanz, dank der Unterstützung von Mitarbeitern der Mathias-Thesen-Werft.

In den Folgejahren erfreute sich das Theater wachsender Beliebtheit, insbesondere bei jungen Zuschauern. Ensembles aus Parchim, Rostock und Schwerin bereicherten das Programm und trugen zur steigenden Besucherzahl bei.

Mitte der 70er Jahre veränderte sich die Theaterlandschaft Wismars. Neue Konkurrenz durch eine Kultur- und Sporthalle sowie das Theater im Kulturhaus der MTW-Werft führte zu sinkenden Besucherzahlen und einem häufigen Wechsel der Theaterleitung. 1976 wurde das Theater wieder eigenständig und der Stadt Wismar unterstellt. Es folgten neue Kooperationen und ab 1980 ein Anstieg der Besucherzahlen. Der Zuschauerraum wurde modernisiert und bot nun mehr Komfort.

Die politische Wende stellte das Theater vor Herausforderungen, doch es gelang ihm, sich schnell zu erholen und seine wichtige Rolle im kulturellen Leben der Stadt fortzusetzen.

2000 bis Heute

Das Theater wurde 2007 zukunftsweisend umgebaut und gilt seitdem als erstes Passivhaustheater Deutschlands. Durch innovative Maßnahmen zur Wärmeverlustvermeidung konnte der Energiebedarf drastisch gesenkt und die Betriebskosten auf ein Viertel reduziert werden. Das Institut für Gebäude+Energie+Licht Planung Wismar leitete dieses wegweisende Projekt.

2014 wurde das Theater erneut modernisiert: Eine neue Kammerbühne entstand, der Theatersaal erhielt neue Bestuhlung, Boden, Bühne und Technik. Ein Konzert der Norddeutschen Philharmonie Rostock krönte die feierliche Wiedereröffnung im Winter 2014.

Die finanzielle Förderung des Landes ermöglichte es der Stadt Wismar, das Programm vielfältig zu gestalten und lokale Vereine einzubinden. Theaterbegeisterte Bürger gründeten die Laiengruppe "Spielleute", die von einer Theaterpädagogin unterstützt wird. Zudem besteht seitdem eine Kooperation mit dem Theatersommer Wismar in der St.-Georgen-Kirche, die jedes Jahr im Sommer für kulturelle Höhepunkte sorgt.

Die weltweite COVID-19-Pandemie von 2020 bis 2022 stellte das Theater vor große Herausforderungen. Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln führten zu zahlreichen Verschiebungen und Absagen, sodass das kulturelle Leben zeitweise zum Stillstand kam. Erst im August 2022 konnte der reguläre Spielbetrieb wieder vollständig aufgenommen werden.

Heute ist das Theater ein pulsierender Ort der Kultur, der mit Schauspiel, Musicals, Comedy, Puppentheater und vielem mehr begeistert. Besonders hervorzuheben ist das Engagement für junge Talente: Das Tanz- und Schauspielensemble "Jauxi! Entertainment e.V.", die Kreismusikschule, Tanzschulen und weitere Akteure der Region nutzen die Bühne des Theaters für ihre Kreativität. Darüber hinaus öffnen sich die Türen des Theaters auch für festliche Anlässe wie die feierliche Verabschiedung von Hochschulabsolventen. Mit seinen 444 Plätzen und großzügigem Parkplatz, ist es ein beliebter Anziehungspunkt für Kulturliebhaber in der Stadt und Umgebung.

  1. © Theater der Hansestadt Wismar
    Datum: 06.09.2023 Theater der Hansestadt Wismar - 06.09.2023

    © Theater der Hansestadt Wismar

Theaterleiter

  • Albert Ellmenreich 1860
  • Wechselnde Leiter
  • Hans Knapp-Girard 1880 – 1901
  • Hans Polte/Ida Polte bis 1912
  • Heinrich Albers / Fritz Barsch 1913-1020
  • Nowakowski 1918 - 1925
  • Peter-Christian Will 1949-1950
  • Hans Anselm Perten 1950 – 1952
  • Erwin Luck 1952-1954
  • Hans Bornmann 1954-1957
  • Georg Roth 1957 – 1960
  • Manfred Wedlich 1960-1964
  • Rudi Kostka 1964-1976
  • Charly Czieslik 1976
  • Wechselnde Leiter
  • Klaus Hanisch 1982-1987
  • Klaus Machau 1987-1991
  • Norbert Kröger 1991
  • Burkard Wunder ab 1991
  • Christine Lüdtke 1991-1999
  • Hans Scheibner 1991 -1993 (Puppentheater)
  • Herr Hellram 1993-1996 (Puppentheater)
  • Ulf Manhenke 1997-2000 (Puppentheater)
  • Hans W. Scheibner 2000-2001 (Puppentheater)
  • Astrid Griesbach 2001-2003
  • Rainer Wilcken 2003-2011
  • Ramona Muschalla 2013-2021 (kommissarische Leitung)
  • Theresa Eberlein 2013-2021
  • Sibylle Donath / Mike Engelberg / Ramona Muschalla 2021-2022 (kommissarische Leitung)
  • Mike Engelberg ab 2022

Quellenangabe

Literatur:

  • 60 Jahre Theater Wismar am neuen Standort Philipp-Müller-Straße 1949-2009, Wismar 2009
  • Jürgen Borchert: Was ich von Wismar weiß. Hinstorff, Rostock 2000, ISBN 3-356-00875-7.
  • Heiko E. Dohrendorf: Geschichte der Möglichkeiten in: Wismarer Beiträge 23, 2017, S. 122-135
  • Leo Martens: Wismarer Theatergeschichte durch die Jahrhunderte. In: Festschrift zur 725-Jahrfeier der Stadt Wismar. Schweriner Volkszeitung, Schwerin 1954, OCLC 614686669.
  • Ulf Manhenke: 50 Jahre Theater der Hansestadt Wismar.
  • Christian Roedig: Wismars Theaterleben vom Kaiserreich zur Weimarer Republik, 2015



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